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Was ist Enterprise 2.0? (1): Welche Definitionen April 2012 im Umlauf sind

22. April 2012

Im Rahmen meiner Überlegungen, wie denn Collaboration, Wissensmanagement und Enterprise 2.0 zusammenhängen, schreibe ich gerade eine Reihe von Artikeln, um meine Recherchen und Zusammenfassungen zu teilen – und gern auch zu diskutieren 😉 Dafür schreibt man ja als Blogger.

Intranet / Social Intranet / Enterprise 2.0 / Social Business„Collaboration“ habe ich dafür kürzlich hier im Blog in vier Artikeln abgearbeitet – siehe hier, hier, hier und einer kommt noch. Um im nächsten Schritt „Enterprise 2.0“ zu verstehen wurde mir bewusst, dass man den Begriff von ein paar weiteren Begriffen abgrenzen muss, die ebenfalls zur Beschreibung moderner Intranets im Umlauf sind.

Als zweckmäßig hat sich die nähere Betrachtung folgender Begriffe herausgestellt: Social Intranet > Enterprise 2.0 > Social Business, siehe Graphik. In der Reihenfolge, obwohl sich inhaltlich einiges überschneidet. Zum einen scheinen sie zeitlich ungefähr auf einander zu folgen, und bauen in den meisten Definition aufeinander auf.

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Ein guter Einstieg, weil komprimiert, ist ein Beitrag auf www.enterprise20blog.com [Link zum Artikel]. Mit der Definition von „Wissensmanagement“ darin bin ich nicht glücklich, finde aber die Unterscheidung zwischen Social Intranet und Enterprise 2.0 kurz und präzise.

  • Social Intranet sei demnach eine Erweiterung des klassischen Intranet-Konzepts durch die Integration von Social Software Komponenten, also Bereitstellung von Features, nicht deren aktive Nutzung, noch deren Einbindung in die Organisation.
  • Enterprise 2.0 dagegen habe eine strategische Bedeutung, die aber für mich in der Formulierung nicht wirklich zu Tage tritt. Der Autor (wer?) sieht auf jeden Fall darin eine stärkere und direktere Einflussnahme auf die Geschäftsprozesse, und eine Veränderung der Arbeitsprozesse in Richtung Partizipation, Transparenz und Selbstorganisation.
  • Social Business sei darauf aufbauend die Erweiterung, auch externe Stakeholder wie Kunden und Partner in die (internen) Prozesse einzubinden. Über Social Business kursieren einige – manchmal krude – Definitionen, deshalb ist mir dieses Schema gleich wohltuend aufgefallen. Außerdem scheint es sich dabei um Konsens zu handeln.

Man könnte also sagen, hier findet folgende Gegenüberstellung statt:

*Intranet plus Social Software / *Intranet plus Social Software plus Organisation / *Intranet plus Social Software plus Organisation plus externe Stakeholder.

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Bei Frank Hamm fand ich ebenfalls einen Artikel, der mir sehr gut gefallen hat. Frank hat sich die Mühe gemacht verschiedene Definitionen zu vergleichen – was mir die Arbeit erleichtert hat. Im Vergleich zu vorangegangene Artikel fällt auf, dass sein Ansatz, seine Gegenüberstellung der Begriffe, anders ist. Social Intranet interessiert ihn nicht. Seine Gegenüberstellung von Enterprise 2.0 und Social Business könnte man so zusammenfassen:

*Ausschließlich technologisches Verständnis / *Verständnis, das soziale Beziehungen betont, und Wissensarbeit nicht als Ausnahme, sondern Selbstverständlichkeit erachtet.

Zu dem Schluss kommt er über die Betrachtung des Begriff Enterprise 2.0 nach der SLATES-Definition von McAffee selbst. Und obwohl der wohl selbst deutlich gemacht habe, dass es auch nach seinem Verständnis nicht nur um Technologie gehe, sei der Begriff doch deutlich technologisch geprägt und verwendet.

Meiner persönlichen Wahrnehmung entspricht das nicht. Trotzdem fällt tatsächlich auf dass Enterprise 2.0 eine offensichtliche Nähe zu Web 2.0 hat. Wenn man Web 2.0 dem ähnlichen Begriff Social Media egenüberstellt, dann fällt auf dass Web 2.0 sehr viel mehr die Technologie meint, und Social Media die Interaktion zwischen Menschen, also technisch unterstützte soziale Beziehungen. Zugegeben, die Parallele zu Enterprise 2.0 vs. Social Business drängt sich dann schon auf …

Frank Hamms Kritik an „E2.0“ zielt vor allem darauf ab, dass McAffee wohl noch den Wissensarbeiter als Ausnahme betrachtet, dessen Arbeit unterstützt werden solle, während Wissensarbeit heute, 2012, in fast allen Branchen zu den Kerntätigkeiten gehören würde. Im Übrigens sieht er sowohl für E2.0 als auch Social Business keine verbindliche Definition der Begriffe, und bringt einige interessante Beispiele für Betrachtungen über Social Business. Lesenswert.

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Die Abgrenzung von E2.0 zu Social Business scheint also relativ leicht zu sein, alle mir bekannten Quellen nennen zwei Aspekte: Erweiterung um externe Stakeholder, und eine Betonung der sozialen Beziehungen in Abgrenzung zu rein technischen Definitionen – wobei ich persönlich den zweiten Aspekt so nicht unterschreiben würde.

Die Abgrenzung von Social Intranet zu E2.0 ist aber weniger einfach: Auf www.steptwo.com.au fand ich eine Definition von Social Intranet, die eigentlich schon wieder wie E2.0 klingt [Link zum Artikel]: Bei Social Intranet ginge es nicht nur um Technologie, sondern eine Sichtweise, wie Unternehmen arbeiten sollten, und wie die Mitarbeiter interagieren könnten. Z.B. dass Unternehmen aus Menschen bestehen, die interagieren und Beziehungen pflegen, auch quer über die Linienorganisation hinweg in Netzwerken.

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publishing collaboration teamsite social site

Wie diese Definition begründet wird, bleibt leider offen. Demgegenüber fand ich auf www.forbes.com eine weitere Definition von Social Intranet, die die Wikipedia-Definition von Intranet auf Social Intranet überträgt, und zum Schluss kommt dass diese Definition wohl sehr technisch sein müsse [Link]. Die hier ausgebreitete Definition von Social Intranet wird aus einer dreiteiligen Kugelgraphik abgeleitet, deren Schnittmenge aus „Portals“, „Team Sites“ und „Social Sites“ sein soll. Als Sharepoint-Consultant identifiziere ich „Portals“ und „TeamSites“ sofort als die tragenden Säulen des Sharepoint (Publishing und Collaboration), was aber „Social Sites“ sein sollen, bleibt der Artikel schuldig. Naja.

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Zurück zum Begriff Enterprise 2.0. Dass der sich langsam überlebt hat scheint Konsens zu sein. Larry Cannell schreibt z.B. auf einem Gartner-Blog, auch wieder dass der Begriff eher technisch zu sehen sei. Arbeit sei heute viel sozialer als noch 2006, Soziale Netzwerke wie Facebook seien privat Mainstream, Smartphone fast schon Standard. Einen neuen Begriff bietet er dafür nicht. Für ihn scheint allerdings klar dass E2.0 als Begriff keine Collaboration abbildet, bzw. die Anforderungen individueller Mitarbeiter für einen kollaborativen Arbeitsplatz – was ich nicht nachvollziehen kann.

Ins gleiche Horn stößt Dion Hinchcliff: ein etwas überkommener Begriff. Bei ihm allerdings geht es darum, dass die grundsätzliche Bedeutung eine andere (als technisch) war, und die Umsetzung noch „Work in Progress“ sei. Für ihn die die Art der sozialen Vernetzung, wie wird sie heute durch Facebook und Co. erleben, das zentrale Versprechen von E2.0 das auch in Unternehmen, bei der täglichen Arbeit, zu erleben. Für Hinchcliff scheint es also nicht zentral ein technischer Begriff zu sein, bei ihm steht das soziale im Vordergrund.

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Die Bedeutung des Sozialen im Begriff E2.0 umfasst auch Querverbindungen zu Wissensmanagement – was ich allerdings in einem anderen Artikel diskutieren werde. Im „Enterprise20Blog“ beispielsweise gehen die Autoren so weit zu sagen, dass man E2.0 auch als Tool für Wissensmanagement betrachten könnte (http://enterprise20blog.com/de/2011/09/06/enterprise-2-0-und-wissensmanagement/). Schließlich seien Zielsetzungen ähnlich, hier hätte eine Parallelentwicklung stattgefunden, die Disziplinen würden zusammenwachsen. Soweit will ich aber hier gar nicht gehen … 😉

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Aus meiner Sicht war einer der besten Beiträge auf www.beyond-collaboration.de [Link]. Das liegt vor allem an dieser Graphik, weil sie sowohl das TOM-Modell integriert, McAffees ursprüngliche SLATES-Definition von Enterprise 2.0 – aber vor allem weil sie den Aspekt der Kultur integriert! Das steht auch im Gegensatz z.B. zu Frank Hamm und dem Artikel auf www.enterprise20blog.com.

Demnach, und da gehe ich voll mit, steht bei E2.0 nicht die Technologie im Vordergrund. Stattdessen handelt es sich um eine bestimmte Organisationsform mit sehr flachen Hierarchien. Lesenswerter Artikel.

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Abschließend sollte man auch noch erwähnen, dass es Stimmen gibt, die die ganze Diskussion für Buzzword-Bingo halten, und den Begriff des „Sozialen“ für überdehnt halten. Ein sehr lesenswerter Artikel auf „Socialenterprisetoday.com“ [Link] ist ebenfalls ein Rechercheergebnis des Autors, der titelt: „Enterprise 2.0 or Social Business? Why i choose Social Business“. Er entscheidet sich dafür, angesichts der Bedeutung, den „Social Business“ für viele Leute hat, nun lieber diesen Begriff zu verwenden, obwohl er die Trennung zwischen Social Business und Enterprise 2.0 für künstlich hält. Aus seiner Sicht erfüllen beide den Zweck, er richtet sich nach dem Markt.

Zu den Argumenten gehört auch, dass  der Begriff eigentlich schon älter ist und was anderes meinte: eher Non-Profits, oder Unternehmen mit ausdrücklich sozialem Geschäftszweck, z.B. Microcredits von Mohammed Yunnus. Er weist außerdem darauf hin, dass Business immer schon „sozial“ war, und ist. Zusammenarbeit ebenfalls, nur die Möglichkeiten hätten sich erweitert, nicht aber die Menschen. Und was wäre das Gegenteil von „sozial“? A-sozial? Lesenswert 😉

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Die Definitionen überschneiden sich. Ein kurzer Blick auf Google Trends [Link] bringt immerhin Klarheit, dass Social Business als Begriff heute wesentlich verbreiteter ist (Stand 22.4.2012). Ich schätze also dass ich in absehbarer Zeit mit den Wölfen heulen werde und mich begrifflich umstelle …

Google Trend enterprise 2.0 social business

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Nnach dieser Recherchevorarbeit geht es im 2. Teil um die Schlussfolgerung – sonst wird es einfach zu lang für einen Blogartikel -> Bitte hier entlang

 

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