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#bcs5: Schulunterricht mit Wikis und Blogs – Was geht?

25. September 2012

Auch dieses Jahr war das Barcamp Stuttgart (#bcs5) wieder eine schöne, anregende und vielseitige Veranstaltung. Schade dass es schon wieder vorbei ist ;-). Wie immer auf Barcamps besucht man eine Menge unterschiedlicher Sessions, über die man nicht alle ausführlich schreiben kann.

Deshalb beschränke ich mich auf ein/zwei Sessions, über die ich ausführlicher schreiben möchte. Eine Session, die mir sehr gut gefallen hat, war die von Mandy zum Thema „Schulunterricht mit Wikis und Blogs“ – Was geht? Das ist ein Thema, das mich persönlich anspricht, denn Kind war jeder mal selbst. Trotz großer Neugier schaffte es das System „Schule“ dass mir die Lust am Lernen für Jahre völlig abhanden kam. Natürlich wollte ich wissen welche Möglichkeiten und Entfaltungsräume heute Kindern gegeben sind?

Mandy, die Sessionleiterin, ist Lehrerin in Stuttgart, selbst Mutter, und sprach darüber wie sie Social Media in den Unterricht integriert, sie hoffte außerdem auf Anregungen was sie auch noch ausprobieren kann. Sie sei übrigens Ethiklehrerin für gymnasiale Oberstufe.

Wie kommt man dazu Wikis, Blogs etc im Schulunterricht zu verwenden?

Social Media im Unterricht ist sicher keine ganz frische Idee mehr, andererseits ist es heute noch kein selbstverständlicher Teil in allen Klassen / Schulen / Stufen. Mandy meinte sie kam aus eigenem Antrieb dazu, wusste zu Beginn kaum mehr als ihre Schüler. Im Grunde sei das reines Doing gewesen, sie sei reingewachsen.

Einer der Teilnehmer ist wohl im Bereich der Lehrerausbildung in Stuttgart tätig. Er meinte dass die Nutzung von Social Media heutzutage in der Ausbildung einen festen Platz hätte. Von der Zielsetzung her sei es eine Mischung aus der Vermittlung von Medienkompetenz, die weitergegeben werden solle, und dem konkreten Einsatz als unterrichtsunterstützendes Medium.

Welche Voraussetzungen sind für den Einsatz von Social Media gegeben?

Geräte: Mandy ist Lehrerin an der gymnasialen Oberstufe. Sie hat damit das Privileg, dass ihre Schüler in den allermeisten Fällen über eigene Rechner verfügen sowie Internetzugang zuhause. Darüber hinaus waren sich die anwesenden Lehrer (und Schüler!) im Raum einig dass es zwischen Schulen riesige Unterschiede in der Ausstattung geben würde. Als negativ wurde übrigens die Nutzung in separaten Computerräumen bemerkt, das sei dann oft mehr Unterricht ÜBER Medien als MIT Medien.

Know-How: Heutzutage könne man bei allen Jugendlichen grundsätzliche Fähigkeiten im Umgang mit Rechner, Tastatur und sozialen Netzerken a la Facebook voraussetzen. Gute Bedingungen. Nicht voraussetzen könne man allerdings Kompetenzen im Umgang mit Blogs oder gar Wikis (auch mein Eindruck)

Für was wird Social Media eingesetzt?

Mandy setzt grundsätzlich ein Wikis, Blogs, Twitter, online Mindmapping und online „Whiteboarding“:

  • Wikis: Als Wikis kommen wohl geschützte Räume auf www.wikispaces.com und bei der ZUM zum Einsatz (Media Wiki als Grundlage?). Wikis stehen weniger für Diskussionen und Austausch zur Verfügung, sondern eher um Inhalte Stück für Stück zu erarbeiten. Mandy nutzt Wikis auch um Unterrichtsmaterialien zur Verfügung zu stellen, Tafelbilder, Fotos, Bilder von Zeichnungen, solche Sachen. Gegebenenfalls schreibt einer der Schüler bereits im Unterricht ein Live-Protokoll, das von den anderen nachträglich erweitert werden kann. Auch oft verwendet werden Wikis als dynamische Glossare, die über die Zeit wachsen.
  • Blogs: Als Blogplattform kommt WordPress.com zum Einsatz. Blogs werden verwendet wenn Austausch im Vordergrund steht – sowohl nach Innen als Klasse, als auch nach Außen. Ein Beispiel ist ein Ethik-Blog, bei dem ausdrücklich Leute von Außen eingeladen sind sich zu beteiligen: http://ethik13.wordpress.com/
  • Twitter: dient hauptsächlich dazu für Öffentlichkeit der Blogartikel zu sorgen.
  • Skype: wird eingesetzt um Interviews mit Menschen durchzuführen, die zum Unterrichtsgegenstand passen. Als Beispiel wurde genannt ein längeres Gespräch mit einem budhistischen Mönch.
  • Online „Whiteboarding“: Mit www.conceptboard.com werden gemeinsam online Zeichnungen, illustrierende Skizzen und Graphiken erstellt.
  • Online Mindmapping: ähnlich wie Conceptboard, nur eben für Mindmaps
  • Facebook: Schüler fragten von sich aus nach einer FB-Gruppe, weil ihnen das Wiki „umständlich“ für die Zwecke des Kurses erschien. Die FB-Gruppe wurde dann parallel zum Wiki betrieben, es sei toll für Diskussionen. Bislang sei das einmal vorgekommen. Einer der Schüler meinte dazu: kenn ich, klappt gut. Vor allem bei schnellen Ankündigungen / Änderungen

Welche Erfahrungen wurden mit Social Media im Unterricht gemacht?

Die grundsätzlichen Erfahrungen von Mandy scheinen sehr positiv zu sein. Manches klappt besser, manches nicht so, oder nicht mit allen in jeder Situation. Mal steht das Medium selbst im Vordergrund, oft ist es einfach Mittel zum Zweck, aber die Akzeptanz sei grundsätzlich hoch.

Vor allem die Wikis sind weniger für direkten Austausch gedacht, sondern mehr für die gemeinsame Entwicklung von Themen, vor allem nach dem Unterricht. Mal als Hausaufgabe, mal freiwillig. Mandy meinte dass das tatächlich öfter passieren würde.

In dem Zusammenhang erzählte sie auch die Anektode, dass Schüler von sich aus auf die Idee kamen, das aus dem Unterricht vertraute Werkzeug „Wiki“ für die Erstellung der Schülerzeitung zu verwenden.

Vor allem beim Umgang mit Blogs würde sich zeigen, dass die Plattform denjenigen Raum zur Entfaltung geben würde, die sich im Unterricht eher zurückhalten. Und es würde sich zeigen dass tatsächlich Menschen von Außen die Möglichkeit wahrnehmen sich an Diskussionen zu beteiligen. Ein eher beklemmendes Beispiel sei ein Artikel im Ethikblog gewesen, der die Frage nach der „Todesstrafe für Kinderschänder“ behandelt hatte. Nach dem Erscheinen des Artikels hätte sich sich ein Mensch von Außen an der Diskussion beteiligt, der sich offen als pädophil bezeichnet hätte – und sich mit den Jugendlichen auseinandersetzte.

***

Eine interessante Frage kam aus der Gruppe der Teilnehmer: Ob die Schüler, die Social Media im Unterricht zum Lernen verwenden, tatsächlich „besser“ sind als die analogen Schüler, muss sich zeigen. Bislang sei es für solche Aussagen zu früh.

Sehr überrascht hat mich eine Aussage von mehreren anwesenden Lehrerin in dem Zusammenhang, dass sie am liebsten Schulbücher sofort aussortieren würden. Typisch an Büchern sei dass sie Seite für Seite aufgebaut seien, und dass Lernen so nicht funktionieren würde.

Und ein weiterer interessanter Aspekt war die Frage nach der Haltung der Eltern: finden die das gut wenn die Kinder so „arbeiten“? Meist nein, die Eltern seien oft skeptischer als die Kinder. Typisch sei die Haltung der Lehrer würde es sich einfach machen statt „richtigen“ Unterricht zu machen. In Verbindung mit dem Absatz zuvor wird auch das vermeintlich unstrukturierte bemängelt.

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Exkurs

Vor einiger Zeit bloggte ich mal ein paar Gedanken zum Thema „Social Media im Unterricht“: „Methoden des Lernens und warum Wikis ein Vorteil sind„. Darin ging es eher theoretisch um verschiedene Lernformen, und warum Social Media im Unterricht ein geeignetes Werkzeug sein müsste effizienter zu lernen. Wenn ich mir das obenstehende durch den Kopf gehen lasse, dann passt das ganz gut:

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UPDATE 28.9.2012: Via Twitter verfolgte die Tweets zum CorporateLearningCamp 2012 (#clc12). Beim Thema Social Media denkt man ja eher an junge Leute, die die Dinge vorantreiben – so wie Mandy. @herrlarbig zwitscherte in dem Zusammenhang in einer Session zu „Lernkultur“:

Wen der Kontext genauer interessiert, hier der Link zu den öffentlich zugänglichen Sessionnotizen

 

7 Kommentare leave one →
  1. FrauSchuetze permalink
    25. September 2012 08:35

    Hallo,
    vielen Dank für deine ausführliche Zusammenfassung – damit spar ich mir den eigenen Blogbeitrag 😉 Kleine Korrektur: ich unterrichte nicht in Stuttgart, sondern im Ländle – etwa 1,5h weit weg von Stuttgart.
    und außerdem: Ich arbeite an Möglichkeiten zur Echtzeitkommunikation via Etherpad o.ä. Die Idee ist sehr spannend!
    viele Grüße,
    mandy

  2. 25. September 2012 14:59

    Schöne Zusammenfassung. Probiere es aktuell mit einer Lehrer-„Fanpage“ wo die Schülerinnen und Schüler naturwissenschaftliche Nachrichten abonnieren können – ist allerdings noch in der Testphase und dient eher dem Interesse neben dem Unterricht statt dem Transfer des Unterrichts ins Netz (dafür nutze ich Lernplattformen [Moodle]). Auch um hier Facebook aus dem Weg zu gehen und Elternbeschwerden vorzubeugen.
    Wiki wollte ich dieses Jahr als AG anbieten, es fand sich aber keine Schülerin/Schüler dafür … Sport und Nachhilfe ist anscheinend gefragter, dann mache ich jetzt halt eine Mathematik-Nachhilfe-AG 😦

    Es lässt sich viel machen und manchmal fehlt es einfach nur an Personen, die es einfach mal ausprobieren und Erfahrungen sammeln / weitergeben. In dem Sinne weiter ausprobieren und Augen offenhalten (schließlich ist nicht alles diaktisch-pädagogisches Gold was bei Social-Media glänzt ^^).

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