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Activity Streams: Drei Ansätze, wie sie im Unternehmen Sinn machen können

14. Oktober 2012

Activity Streams kennt, glaube ich, fast jeder aus eigener Erfahrung. Von Facebook und Twitter (@mlhoefer) her sind sie mir fast täglich vertraut, und ich schätze diese Form der Informationsaufbereitung und Kommunikation sehr. Zu meinem Vergnügen werden sie auch langsam im Unternehmensbereich Standard.

In letzter Zeit ist mir das Thema „Activity Stream im Unternehmenskontext“ zunehmend häufiger begegnet. Eine Beobachtung z.B. in einer Session auf dem Barcamp Nürnberg (Arbeit 2.0) zeigt dass Newsfeeds in den allermeisten Fällen, in denen sie eingesetzt wurden (geringe Zahl) sehr gut funktioniert haben, was laut Anwesenden bei Blogs und Wikis so nicht der Fall war.

Deswegen war es naheliegend meine Überlegungen mal zu notieren, zusammenzufassen, und als Blogartikel zu veröffentlichen.

Dieser Artikel besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil bildet meine bisherigen Überlegungen ab, wofür Activity Feeds grundsätzlich geeignet sind („Ad hoc-Austausch und Serendipity“). Der zweite Teil stellt genau diesen Zugang in Frage, als mir bewusst wurde dass manche Anbieter entsprechender Software die Activity Feeds nicht als Ergänzung, sondern als zentrales Informationsmedium in der täglichen Zusammenarbeit verstehen.

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Teil 1: Activity Feeds als Ergänzung für Ad hoc-Austausch und Serendipity

Wenn eine Gruppe von Menschen zwanglos zusammensteht, dann ergeben sich eine Menge kleiner und großer Gespräche und damit Austausch. Manchmal habe ich den Eindruck dass die Raucherecken zu den effizientesten Wissensmanagement-Werkzeuge gehören 😉 Näher als mit  Activity Streams kann man aus meiner Sicht mit IT nicht mehr an „Gespräche“ herankommen. Man kann Ideen formulieren und als Test in die Runde werfen. Man kann die Gespräche anderer verfolgen. Mann kann Fragen formulieren, um Antworten bitten und die auch noch nach Nützlichkeit bewerten (Sharepoint 2013 sowie Newsgator). Man kann Rückmeldungen einholen und direkt Anerkennung bekommen.

Für welche Idee von „Zusammenarbeit“ macht ein Activity Stream Sinn?

Nach meinen bisherigen Vorstellungen, die sicher auch durch die Erfahrungen als Sharepoint-Consultant geprägt sind, habe ich Activity Streams und die damit verbundene Personalisierung von Informationen immer als Bestandteil meines erweiterten Collaboration-Verständnisses gesehen (Kernartikel und Serie). Die Graphik zeigt (umrandet) die Aspekte von „Zusammenarbeit“, in denen aus meiner Sicht die Nutzung von Activity Streams vor allem Sinn macht:

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a) Ein begrenzter Stream für konzentrierten Austausch in einer Community:

  • Sinn macht ein (begrenzter)  Activity Stream aus meiner Sicht vor allem innerhalb einer Community of Interest. Hier hält sich die schiere Menge der Inhalte in Grenzen. Der Stream kann als Container für Ideen dienen, die wiederum ad hoc kommentiert, ergänzt und entwickelt werden. Das hat natürlich nicht den Umfang wie z.B. bei einem Wiki, aber reicht definitiv um Ideen eine bestimmte Richtung zu geben. Ich würde sicher erwarten, dass sich im Rahmen einer solchen Community auch mehr Bereitschaft ergibt, sich tatsächlich fachlich auszutauschen.
  • Z.B. gibt es im Newsgator für Sharepoint 2010 die Möglichkeit Teamsites als „Communities“ mit einem Stream aufzusetzen, was von vornherein eine thematische Fokussierung der Inhalte mit sich bringt. Der Sharepoint 2013 bringt auf jeden Fall auch ein Template für „Microfeeds“ mit ähnlichen – etwas schlanker ausgestatteten – Features, die genau das leisten können.

b) Ein Activity Stream als „globaler“ Informationsstrom für Ad-hoc-Austausch und Serendipity:

  • Ein solcher Stream ist für alle Mitarbeiter zugänglich
  • Hauptzweck ist nicht erschöpfend über Dinge zu informieren, die zu den Kernprozessen gehören, sondern Ad hoch-Austausch zu fördern: einerseits über Dinge, für die es keinen geeigneteren Informationskanal gibt, andererseits über Ideen und Fragen, die über die Kernprozesse hinausgehen. Selbst Fragen und Bitten um Rückmeldung finden hier einen Platz, wenn einem die „Experten“ unbekannt sind – hier ein Beispiel von Twitter, dort und auf Facebook funktioniert das recht gut:
  • Bezogen auf die obere Graphik kann man einen globalen Activity Stream als Ergänzung für alle Aspekte der Zusammenarbeit sehen, von „Abteilung“ bis „Ad hoc“, aber eben mit zunehmender Intensität.
  • Ein globaler Activity Stream lässt sich vergleichen mit der Nutzung von Twitter. Man muss sich nicht fragen wann man „das alles lesen“ soll, sondern was es zu entdecken gibt
  • Serendipity ist hier das Stichwort: Das absichtslose Finden von Informationen, nach denen nicht gesucht wurde, die sich aber als interessant oder sogar relevant herausstellen. Für wissensintensive Arbeit muss aus meiner Sicht ein Intranet immer Elemente der Serendipity enthalten.
  • Ein solcher globaler Stream muss klar abgegrenzt sein von anderen Informationsmöglichkeiten. Was ist verbindlich? Was wird per E-Mail kommuniziert? Für welche Inhalte muss eine Benachrichtigung eingerichtet werden? Wo werden Ergebnisse der Arbeit abgelegt? Welche Ideen werden per Blog und welche im Activity Stream ausgebreitet?
  • Im Stream können z.B. Hinweise auf längere  Texte in einem Blog, ein Wikiartikel oder ein klassisches Dokument kommuniziert werden. Der Stream schafft Öffentlichkeit auch für diejenigen, die nicht unbedingt einen internen Blog als solchen verfolgen, oder auch keine Benachrichtigung auf die Quelle der Dokumente. Im Grunde mache ich nichts anderes, wenn ein hier im Blog veröffentlichter Artikel noch auf Facebook oder Twitter quasi „beworben“ wird:
  •  Filter sind in einem solchen Szenario natürlich das wichtigste. Technische Filter lasse ich jetzt mal beiseiteActivity Streams sind Pull-Medium, kein Push-Informationsmedium wie E-Mail. Genauso wie man in Facebook entscheidet mit wem man befreundet ist und wie oft man Aktualisierungen haben will, genauso ist im Unternehmenskontext die Auswahl der Personen der wichtigste Filter. Man wählt aus welchen Personen man folgt bzw. welchen Communities man sich zugehörig fühlt, und deren Aktivitäten man im Activity Stream haben möchte.

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Teil 2: Activity Streams als zentrales Informationsmedium

Einen komplett anderen Ansatz den oben genannten wurde mir von Arndt Layer auf dem Barcamp Stuttgart 2012 präsentiert. Er zeigte uns wie IBM Connections funktioniert und stellte hinterher seine Prezi-Präsentation zur Verfügung, die ich erst in der Vorbereitung für diesen Artikel wirklich genau durchging 😉 Im Unterschied zum oben genannten Ansatz ist der Activity Stream hier keine Ergänzung, sondern der Kern: Der Stream als zentrales Informationsmedium. Hier scheint der zentrale Bezugspunkt von Information die Person, und nicht das Dokument zu sein, um den sich alles andere dreht.

Die folgende Graphik zeigt das ganz gut, zu finden in dieser Präsentation:

Der Activity Stream in diesem Ansatz aggregiert demnach sämtliche Informationsquellen, ist Übersicht und Absprungspunkt gleichzeitig. Die verlinkte Präsentation ist derart selbsterklärend, dass ich mir Details hier spare. U.a. folgende Informationen, die der Activity Stream abbildet, lassen sich aus den darin abgebildeten Screenshots herauslesen:

  • Einladungen zu Events
  • Empfehlungen für Links
  • Uploads von Dokumenten durch bestimmte Personen
  • Updates von Dokumenten durch bestimmte Personen
  • Vorschläge von Bookmarks
  • Integration andere Businesssoftware
  • Integration von Google+, Twitter, Facebook …
  • Direkter Zugriff mit einem Klick auf die E-Mail-Inbox
  • Direktes Sharing von Dokumenten inkl. Sicherheitseinstellungen

Laut Präsentation sind die zentralen Ideen u.a. ..

  • Single Point of Access
  • Less Application Switching
  • Informationen immer up to date

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Abschließende Gedanken

Was jetzt optimal ist, Variante 1 oder 2, oder gar beide, weiß ich nicht. Es gibt unterschiedliche Ansätze, von unterschiedlichen Anbietern. Jeweils für sich gesehen machen diese Ansätze Sinn. Ganz sicher machen die Ansätze aus dem ersten Teil auch kombiniert Sinn: ich kenne das aus dem Umgang mit Newsgator. Anzunehmen ist auch dass die Ansätze aus Teil 1 und Teil 2 unvereinbar sind – eine solche Integration von verschiedensten Anwendungen in einem „Point of Access“ muss von vorherein angelegt sein, das geht nicht nachträglich obendrauf. …

Update 7.11.2012: Im Blog „Intranet Matters % the Digital Workplace“ las ich einen Text, der versucht den Begriff des „Digital Workplace“ näher zu definieren. Was Stephan Schillerwein über Digital Workplaces sagt, lässt sich aus meiner Sicht auf Activity Streams übertragen:

So, what will the Digital Workplace really be like? Information will come to you in the context that you need it in order to do what you are currently working on. You will spent the dominant part of your time in just one user interface (that will seem to be just one system) in which you have full control over all your work tasks, all information needed and all functionality required to do your job in the best possible manner.

So gesehen könnte ein Activity Stream das zentrale User Interface sein, das einen Digital Workplace zur Schnittstelle macht.

Update 5.12.2012: Tobias Wolter hatte ein paar sehr spannende Ideen in seinem Blog, die die oben geschilderten Szenarien nochmal erweitern. Ihm ist wichtig, „dass jede Business-Applikation, egal welcher Technologie diese unterliegt, in den Stream schreiben kann”. In den Kommentaren formulierte er es dann folgendermaßen:

In einen Activity-Stream kann man natürlich manuell einen Event hinzufügen. Richtig genial wird es in meinen Augen aber erst, wenn wir die Events/Einträge in einem „Standard-Schema“ haben – z. B. :
;;;&
1. Bsp. Projektmanagement
Hier könnte in konkreter Eintrag so lauten:
ProjektmanagmentTool;Tobias Wolter(mit Link);ProjectCreated;Projektteam + Link zur Applikation

2. Bsp. Sixt Autobuchung

Sixt;TobiasWolter;booked; Porsche Panamera vom 1.12.2012 bis 30.12.2014

3. Bsp. Urlaubsantrag
UrlaubsApp;Tobias Wolter; genehmigt; Vertretung XYZ

Die Möglichkeiten sind, wenn man das in jede Applikation intergrien könnte, absolut genial. Jetzt können wir über eine Abfrage des Stream feststellen, wie oft ich ein Projekt erstellt habe und wann es abgeschlossen wurde. In Connections habe ich schon gesehen: Jemand bestellt einen PC. Im Stream steht dann:

SAP;Tobias Wolter;order;PCTyp… +

 

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